Ständeratskandidat Zanetti kann sich freuen

Solothurner SVP wechselt Borer aus – CVP hält an Fürst fest
Die Situation im Vorfeld der Solothurner Ständeratswahl erinnert an die Regierungswahl 2003: CVP und SVP treten beide zum zweiten Wahlgang an – Letztere mit einem neuen Kandidaten – und spalten so das bürgerliche Lager zugunsten der SP.
se. ⋅ Die SP Solothurn hat gute Chancen, den Ständeratssitz des verstorbenen Ernst Leuenberger in den eigenen Reihen zu halten. Nachdem ihr Kandidat, der frühere Regierungsrat Roberto Zanetti, bereits im ersten Wahlgang klar das beste Resultat gemacht hat, dürften die bürgerlichen Stimmen auch im zweiten Gang geteilt werden. Die CVP tritt erneut mit Roland Fürst an, dem Zweitplacierten des ersten Wahlgangs. Die SVP ihrerseits hat am Dienstagabend entschieden, mit einem neuen Kandidaten anzutreten. Der enttäuschte, nach dem ersten Wahlgang nur drittplacierte Nationalrat Roland Borer verzichtet.
Giftpfeile gegen CVP
Noch ist offen, wer nun für die SVP ins Rennen steigt, die Partei muss ihren neuen Kandidaten bis zum nächsten Montag bei der Staatskanzlei melden. Es ist davon auszugehen, dass die SVP entweder mit ihrem Präsidenten, dem Kantonsrat Heinz Müller, oder aber mit Nationalrat Walter Wobmann antreten wird, der sich in diesen Tagen als Präsident des Initiativkomitees der Anti-Minarett-Initiative grosser Medienaufmerksamkeit erfreut. Der Entscheid falle noch am Mittwochabend oder spätestens heute Donnerstag, sagt Müller, wird die SVP doch neues Wahlkampfmaterial drucken müssen.
Die SVP begründet ihren Entscheid für eine neue Kandidatur damit, dass den Wählern eine «bürgerliche Wahl» ermöglicht werden müsse. Die CVP sei «machtgeil», schreibt die Volkspartei in einem Communiqué, und CVP-Kandidat Fürst – er ist immerhin Präsident der Solothurner Handelskammer – sei kein bürgerlicher Kandidat. Er habe in den letzten Jahren vielmehr an vorderster Front mitgeholfen, die CVP zur «Schwesterpartei der SP» zu machen.
Die CVP zeigte sich ihrerseits am Mittwoch enttäuscht vom Entscheid der SVP, als Drittplacierte des ersten Wahlgangs doch wieder anzutreten. Eigentlich hätten im ersten Gang doch immerhin rund 60 Prozent bürgerlich gewählt, sagt Parteipräsidentin Annelies Peduzzi, und CVP-Kandidat Fürst hätte als Zweitplacierter des ersten Wahlgangs die Chance, die bürgerlichen Stimmen auf sich zu ziehen. Nun wiederhole sich die Situation der Regierungswahlen von 2003, als die SVP bei gleicher Konstellation Roberto Zanetti von der SP schon einmal zum Wahlsieg verholfen hatte.
Die CVP werde ihren Weg aber unbeirrt fortsetzen und halte an ihrem Kandidaten fest, so Peduzzi auf die Frage, ob etwa Nationalrat Pirmin Bischof nicht die besseren Wahlchancen hätte: «Es ist unseriös, das Pferd zu wechseln, wenn man einen guten Kandidaten hat», erklärt Peduzzi.
SP schon in «Hörnlihütte»
Die SP kann somit ziemlich gelassen in den zweiten Wahlgang steigen. Ihr Kandidat, Roberto Zanetti, hatte bereits im ersten Wahlgang mit über 40 Prozent der Stimmen in sechs der zehn Solothurner Bezirke klar dominiert. Beim zweiten Wahlgang, dieser findet am 24. Januar 2010 statt, reicht Zanetti nun das relative Mehr für die Wahl. Optimistisch vergleicht Zanetti seinen Ständeratswahlkampf mit einer Matterhorn-Besteigung: Die «Hörnlihütte» habe er bereits erreicht, jetzt stehe der Aufstieg zum Gipfel bevor. Offenkundig hat Zanetti im ersten Gang erheblichen Zuspruch vom Freisinn erhalten, der mit Rolf Büttiker den zweiten Solothurner Ständeratssitz hält. Und vielleicht wollen die Solothurner beim seinerzeit nach der «Pro Facile»-Spendenaffäre hart bestraften (als Regierungsrat abgewählten) Roberto Zanetti wieder etwas gutmachen.
Quelle: NZZ Online, 3.12.2009