Der Solothurner Kantonsrat und Vollblutpolitiker

Im zweiten Wahlgang entscheidet sich am Wochenende, wer Nachfolger des verstorbenen Ernst «Aschi» Leuenberger als Solothurner Ständerat wird: Die besten Chancen hat Leuenbergers politischer Ziehsohn, Roberto Zanetti (SP).
Nach dem tiefen Fall als abgewählter Regierungsrat möchte es Roberto Zanetti (54) nochmals wissen und in den Ständerat gewählt werden. Zanetti hatte im ersten Wahlgang vom 29. November die Mitkonkurrenten von CVP und SVP um mehr als 10000 Stimmen distanziert. Dass es das politische Stehaufmännchen Zanetti schafft, ist für die Beobachter des Geschehens so gut wie sicher. Dies umso mehr, als er offensichtlich Sympathien bis weit ins bürgerliche Lager hinein geniesst und er als lachender Dritter davon profitiert, dass sich SVP und CVP um die restlichen bürgerlichen Stimmen streiten.
Mit Abwahl abgestraft
Vor vier Jahren hatte er seine Sympathien verspielt. Er wurde als Regierungsrat nicht wiedergewählt. «Ich wurde wegen der Pro-Facile-Affäre öffentlich massakriert.» Zanetti verlor seinen Job. Diese Zeit steckt ihm noch immer tief in den Knochen. «Ich wurde sehr hart abgestraft.» Seine glänzende Wiederwahl in den Kantonsrat diesen Frühling war jedoch Balsam für Zanettis Wunden. Er fühlt sich rehabilitiert. «Jetzt bin ich wieder voll da.» Er ist Politiker durch und durch und glaubt, dass er in den Ständerat, in die nationale Politik, reinpassen würde.
Schnelle geradlinige Karriere
Roberto Zanettis politische Karriere verlief lange Zeit gradlinig aufwärts. Der Sohn eines Von-Roll-Arbeiters aus dem Puschlav trat als 18-Jähriger in Gerlafingen in die SP ein. Er kämpfte damals für eine Volksinitiative, die den Waffenexport verbieten wollte. «Ich war tief beeindruckt, dass die Von-Roll-Büezer an der SP-Versammlung Ja sagten zur Initiative, obwohl die Von Roll damals noch Kanonenrohre schmiedete und sie Repressionen befürchten mussten.» Schon bald wurde Zanetti als 22-Jähriger in den Gemeinderat Gerlafingens gewählt, als 36-Jähriger übernahm er das Gemeindepräsidium. Drei Jahre später sass er im Kantonsrat. Sein erfolgreicher Kampf für den Erhalt des Stahlwerks Gerlafingen 1996 brachte ihm drei Jahre später bei den Nationalratswahlen ein Spitzenresultat und einen Sitz in Bern. 2003 schaffte er im zweiten Wahlgang den Sprung in die Kantonsregierung.
Als Volkswirtschaftsdirektor schien er seine Berufung gefunden zu haben, doch nur ein Jahr später geriet er wegen der Affäre um die in die dubiosen Geschäfte von Dieter Behring involvierte Stiftung Pro Facile in einen Sturm, der ihn zerzauste. Nach der Abwahl war Zanetti acht Monate arbeitslos. Seit 2006 arbeitet er als Geschäftsleiter der Suchthilfeorganisation «Perspektive Region Solothurn». Ein «Superjob», sagt er. Jetzt will er seine politische Stimme wieder vermehrt einsetzen, seine volksnahe Sprache, die zu seinem Markenzeichen wurde. Es ist ihm wichtig, komplexe Themen einfach, aber nicht plump darzustellen, damit sie für alle verständlich sind. Wie seine zwei politischen Vorbilder, Willi Ritschard – und «Aschi» Leuenberger.
Quelle: Mittellandzeitung vom 22. Januar 2010, Seite 4