HS13: Motion SiK-SR. Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie beseitigen
Zanetti Roberto (S, SO): 1972 stand eine Volksinitiative „Rüstungskontrolle und Waffenausfuhrverbot“ zur Diskussion. Diese Volksinitiative hat mich seinerzeit eigentlich politisiert. Ich wohnte in einem Dorf, in dem dazumal noch Kanonenrohre geschmiedet wurden. In der Zwischenzeit ist diese Kanonenrohrproduktion aufgelöst worden und zwar nicht, weil plötzlich alle Pazifisten geworden wären, sondern weil man gesehen hat, dass die Waffenproduktion kein nachhaltiges Geschäftsfeld sein kann. Nun, vierzig Jahre später, geht es wieder um die genau gleiche Frage. Ich muss Ihnen sagen, das erschüttert mich ein bisschen. Vor über vierzig Jahren habe ich mich für die Volksinitiative „Rüstungskontrolle und Waffenausfuhrverbot“ eingesetzt, weil ich fand, damit werde die Welt ein bisschen besser. Vierzig Jahre später muss ich wieder auf die Barrikaden steigen, um zu verhindern, dass die Welt wieder ein bisschen schlechter wird. Das finde ich ehrlich gesagt ein bisschen erschütternd.
Der Kernpunkt der Motion betrifft Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Kriegsmaterialverordnung. Ich lese Ihnen den Wortlaut der aktuellen Regelung vor: Es dürfen keine Verträge abgeschlossen werden, wenn „das Bestimmungsland Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt“. Dann dürfen keine Schweizer Waffen exportiert werden. Dieser Satz ist glasklar und versteht sich eigentlich von selbst. Wo schwerwiegend und systematisch Menschenrechte verletzt werden, sollen einfach keine Schweizer Waffen eingesetzt werden. Da sollen auch keine Schweizer Waffen geliefert werden. Nun schlägt die Mehrheit der SiK-SR vor, dass Waffen lediglich dann nicht ausgeführt werden können, wenn „im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht,“ – ein Risiko allein reicht nicht aus, es muss ein hohes Risiko sein – „dass das auszuführende Kriegsmaterial für die Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird“. Ich muss Ihnen sagen, da ist mir die aktuelle Formulierung, die glasklar ist, um einiges lieber.
Ich stelle mir einfach vor, was unter neuem Recht, unter der vorgeschlagenen Formulierung, alles möglich wäre. Stellen wir uns ein Unrechtsregime vor, in dem systematisch und schwerwiegend Menschenrechte verletzt werden.
Die Leute, die mit einer gewissen Verspätung gegenüber der Schweiz von 1848 verlangen, dass Selbstbestimmungs- und Menschenrechte realisiert werden, gehen auf die Strasse, auf den Platz der Freiheit, und fordern „Friede den Hütten und Krieg den Palästen“. Das bedeutet dann, dass die Palastwachen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung schiessen dürfen. Die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung ist noch keine Verletzung von Menschenrechten. Aber wir hätten unter jetzigem Regime keine Waffen in dieses Land geschickt; nach neuer Regelung wäre das möglich. Die einzige Einschränkung wäre, dass man zwar auf Demonstrantinnen und Demonstranten schiessen kann, dass man aber nachträglich diese Leute aufgrund von Schauprozessen nicht standrechtlich mit Schweizer Waffen erschiessen darf. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, das reicht mir aus Sicht der Schweiz nicht aus.
Wir sind daran, eine alte Erbsünde langsam zu tilgen, indem wir die ganze Geschichte mit der Steuerhinterziehung und der aktiven Beihilfe dazu zu lösen versuchen. Wir sind sensibilisiert für die Probleme des Rohstoffhandels, der Spekulation mit Lebensmitteln. Vielleicht finden wir dort gute und adäquate Lösungen. Und jetzt sind wir daran, uns eine neue Zeitbombe aufs politische Feld zu stellen. Das verstehe ich einfach nicht. Ich will gar nicht die Moralkeule schwingen, sondern ich sage das als Patriot. Ich will nicht, dass in zehn oder zwanzig Jahren die Geschichtsforschung plötzlich ergibt, dass mit Schweizer Waffen Freiheitsbewegungen niedergedrückt worden sind. Das sage ich, wie gesagt, als Patriot und nicht als Moralist.
Deshalb empfehle ich Ihnen, diese Motion abzulehnen. Im Übrigen sagt der Bundesrat selbst: „Er“, also der Bundesrat, „ist allerdings überzeugt, dass diese Verbesserung mit einer geringeren Anpassung der Kriegsmaterialverordnung erreicht werden kann, als dies die Motion vorsieht.“ Mit einer solchen Schlussfolgerung empfiehlt der Bundesrat in der Regel Ablehnung der Motion. Wieso der Bundesrat aufgrund dieses Schlusssatzes dann nachher empfiehlt, man solle die Motion annehmen – da, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ist er offenbar vor der Waffenlobby in die Knie gegangen. Das verstehe ich nicht ganz.
Ich bitte Sie, um künftigen Schaden vom Land abzuwenden, die Motion abzulehnen.