Rüstungsprogramm 2015 – Aufrüstung Duro

„Obwohl ich befürchten muss, dass Sie mir das einmal mehr nicht glauben werden, sage ich zuerst einen Satz zu meinem Verhältnis zur Armee: Ich habe mich vom Armeegegner, 1989 habe ich bei der Armeeabschaffungs-Initiative sogar Ja gestimmt, zu einem kritisch-solidarischen Partner der Armee entwickelt; das ist einfach so.
Zanetti im Ständerat am 7. März 2016
Ich habe das bei der Weiterentwicklung der Armee einmal zu Protokoll gegeben. Am gleichen Abend hatte ich einen Auftritt bei den Juso, und ich kann Ihnen sagen, dass das eher ein frostiger Empfang war. Nachdem ich meine Erklärungen abgegeben hatte, schlossen sie mich doch noch einigermassen ins Herz. Ich bin also ein kritisch-solidarischer Partner der Armee.
Ich erinnere mich, als die Zwischenfälle in Paris waren, dass man praktisch Tag und Nacht am Fernsehen die Einsätze der Sicherheitskräfte in Paris, in Brüssel gesehen hat. Bereits damals geisterte die Duro-Geschichte im öffentlichen Raum herum. Da habe ich mich einfach unwillkürlich gefragt: Ja, wäre jetzt das Problem mit Duros besser zu lösen als mit den Fahrzeugen der französischen oder belgischen Sicherheitskräfte; wären Duros geeigneter? Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe einfach nicht den Eindruck, dass dieses hochbeinige, storchenbeinige Fahrzeug das adäquate Mittel für die Bedürfnisse unserer Armee ist.
Wir haben jetzt die ganze Zeit von Anforderungen gehört. Anforderungen werden von irgendwelchen Technokraten definiert, und diese Anforderungen werden dann erfüllt oder nicht. Aber für mich ist das nicht ganz das Gleiche: Es gibt auch Bedürfnisse der Armee. Ich frage mich, ob diese Anforderungen und die Bedürfnisse hier deckungsgleich sind und ob da das optimale Instrument zur Verfügung gestellt wird, das einmal als Vorbemerkung.
Wir haben vom Kommissionssprecher gehört, dass ein Konkurrenzprodukt, das an sich ziemlich geeignet gewesen wäre, bloss auf dem Papier bestehe. Da erinnere ich Sie an die Gripen-Diskussion. Damals hat man vom Papierflieger gesprochen. Auch damals lag kein fixfertiges Modell auf dem Tisch, das man wirklich hätte testen können, auch damals sprach man von einem Papierflieger.
Dann haben wir von den Kosten eines neuen Duros gehört – ich mache das jetzt etwas schlaglichtartig, ohne eine allzu lange Abhandlung zu machen -; wir haben gehört, dass die Kosten eines neuen Duros höher sind als die eines in seinem Wert zu erhaltenden Duro. Wir haben von den Lebenswegkosten, das ist auch ein Begriff, der mir aus der Gripen-Debatte im Kopf geblieben ist, nichts gehört und auch in der Botschaft nichts gelesen.
Ich gehe doch davon aus, dass ein neuer Duro länger genutzt werden könnte als einfach ein künstlich aufgemotzter Duro, der dann wahrscheinlich wirklich noch seine 25 Jahre herumtuckern kann. Aber der neue könnte das länger machen, und damit sähe die Situation der Lebenswegkosten – diese müsste man ja eben vergleichen! – vielleicht ein bisschen anders aus.
Dann haben wir jetzt – erfreulicherweise! – gehört, dass wahrscheinlich die ganzen Turbulenzen immerhin dazu geführt haben, dass gemäss dieser Tabelle rund 5 Prozent eingespart werden können. Ich spreche übrigens als Mitglied der Finanzkommission. Und da frage ich mich als Finanzpolitiker, ob es nicht der Ehrgeiz jeder Kommission sein müsste, wenn sie ein Geschäft besprochen hat und sieht, dass man da Einsparungen machen kann, dass sie dann entsprechende Änderungen im Beschlussentwurf anbringen würde. Ich sehe also ehrlich gesagt nicht ein, wieso Sie diese Preisdifferenz dann nachher nicht in der Fahne haben korrigieren lassen. Das erstaunt mich ein bisschen.
Dann haben wir gehört – und das ist sehr positiv dargelegt worden -, dass offenbar die Finanzkontrolle Vor- und Nachkalkulationen machen kann. Ja gut, Vor- und Nachkalkulationen – damit ich nachher feststellen kann, in welchem Bereich ich über den Tisch gezogen worden bin? Es reicht doch nicht, nur Vor- und Nachkalkulationen zu machen – da muss man dann auch wirklich auf den Preis einwirken können! Deshalb müsste auch hier nach meiner Meinung dieser Preis jetzt reduziert werden, damit dann der Lieferant nicht nachlesen kann: Aha, ich habe noch immer diese 504 Millionen, obwohl ich es für 476 Millionen machen könnte! Also wäre er ja doof, wenn er dann nicht 504 Millionen in Rechnung stellen würde. Das wären so ein bisschen mehr die lebenspraktischen Fragen.
Eine andere Idee ist auch immer wieder aufgetaucht, die für diesen Duro spricht, nämlich der Umstand, dass man ihn mit dem gewöhnlichen Führerausweis fahren kann. Gut, da hätte ich eine relativ kreative und einfache Lösungsvariante, die uns aus diesem Dilemma befreien könnte. Wir kennen das in anderen Rechtsgebieten auch: Wenn es um Naturschutz oder weiss der Kuckuck welche anderen Zwecke geht, hat man z. B. für militärische Bauten Sonderregelungen. Wie wäre es, wenn man, statt ein weltweit einzigartiges Fahrzeug konstruieren zu lassen, das dann auch entsprechend teuer ist, die normalen Normen beachten würde und im Strassenverkehrsgesetz einen zusätzlichen Absatz bei den Vorschriften betreffend Führerausweis anfügt, in dem man sagt, dass für militärische Fahrzeuge unter einschränkenden Bedingungen davon abgewichen werden kann? Dann müsste halt das Militär beim Kadervorkurs nebst den Korporalen und Wachmeistern noch die Fahrer aufbieten, die sich in zwei Tagen auf einer Trainingspiste für diese Fahrzeuge ein bisschen schulen lassen.
Es wäre also der einfachere Weg, das SVG hier moderat anzupassen, als eine so verrückte, explosive Konstruktion zu verlangen. Es wäre auf jeden Fall eine relativ kreative Anregung, die, so hoffe ich doch, als freundschaftlich-kritischer Ratschlag aufgenommen wird.
Eine Frage, die mich wirklich auch ein bisschen umtreibt: Ist diese berühmte Studie, die zitiert worden ist, von der Kommission tatsächlich eingesehen worden? Für mich ist das nicht ganz irrelevant
Zur heutigen Neuigkeit: Ich kann Ihnen sagen, dass ich bis heute Mittag sehr unsicher war. Eine Klammerbemerkung: An sich bin ich ein Befürworter einer aktiven Industriepolitik in diesem Land. Wenn dieses Land endlich einmal Industriepolitik betreibt – zwar im falschen Departement und am falschen Objekt, aber doch immerhin Industriepolitik -, dann habe ich auch Verständnis, wenn ein paar Anfängerfehler passieren; da wäre ich grosszügig. Die industriepolitische Argumentation hätte mich also immerhin dazu bewegen können, zu diesem Geschäft Ja zu sagen. Aber die Tatsache, dass Armasuisse, wie ich heute Mittag in einer Online-Ausgabe einer nicht als armeekritisch bekannten Zeitung gelesen habe, vor ein paar Jahren zu den gleichen Schlüssen gekommen ist wie ich heute, hat mich, ehrlich gesagt, ziemlich verunsichert. Das war eigentlich der letzte Nagel im Sarg dieser Vorlage und das, was mich dazu bewegen wird, dem Antrag Fetz zuzustimmen. Damit würde die Sache noch einmal zurückgenommen und unter den neuen Prämissen – zu denen gehört, dass sogar die Armasuisse hier sehr, sehr kritisch ist – neu geprüft. Dann kommen Sie, Herr Bundesrat, nochmals in diesen Rat, und dann können wir ein bisschen entkrampfter und weniger gestresst darüber befinden.
Immerhin erinnere ich noch einmal daran, dass es hier eigentlich um eine Ersatzbeschaffung anstelle des Gripen geht. Wenn der Gripen beschafft worden wäre, wäre dieses Geschäft nicht auf dem Tisch. Offensichtlich ist dieses Geschäft also zeitlich nicht so dringend, wie gelegentlich gesagt wird. Es ist eigentlich ein Lückenbüsser-Beschaffungsprogramm. Deshalb schadete es auch nicht, wenn wir eine Session dazwischenschalten und die Sache noch einmal kritisch durchleuchten würden.
Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag Fetz zuzustimmen.“
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