«Wir sind die Lobby der Fische»

«Petri-Heil» hat Roberto Zanetti, Ständerat und SFV-Präsident, am Burgäschisee / SO zum Gespräch über Fischrückgang, Kormorane und den Besatz mit Regenbogenforellen getroffen.
«Petri-Heil»: Vor rund neun Monaten wurdest Du als Nachfolger von Roland Seiler zum SFV-Präsidenten gewählt. Wie fühlt man sich als oberster Schweizer Fischer?
Roberto Zanetti: Danke der Nachfrage. Da ich mit mir und der Welt ziemlich im Reinen bin, fühle mich eigentlich fast immer gut. Und als «oberster Fischer» fühle ich mich besonders gut. Ich bin ja ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind zu diesem Amt gekommen: Ohne vorherige Gremienarbeit im Verband und ohne besondere fischereiliche Kenntnisse.
Das wussten mein Vorgänger Roland Seiler und meine Kollegen in der Geschäftsleitung. Trotzdem hat man mich für das Amt angefragt. Es ging darum, die politische Vernetzung auch nach Roland Seiler sicherzustellen. Roland Seiler war ja als ehemaliger bernischer Grossrat ein exzellenter Politlobbyist und Kenner der politischen Abläufe.
In der Geschäftsleitung und der Geschäftsstelle des Schweizerischen Fischerei-Verbands SFV und in den Kantonalverbänden ist unglaublich viel Sachverstand und Engagement versammelt. Meine Aufgabe besteht darin, all dieses Fachwissen politisch zu kanalisieren. Ich hoffe, dass mir dies einigermassen gelungen ist.
Dass mich dabei meine Kollegen in der Geschäftsleitung nach Kräften unterstützen ist toll und erleichtert meine Arbeit trotz fischereilicher Defizite. Dafür bin ich sehr dankbar!
Eine wichtige Aufgabe bestandest Du mit der Abwehr der Angriffe der Bauernlobby auf das Gewässerschutzgesetz. «Wir lassen uns von den Bauern nicht zum Narren halten» titelte die Schweizer Presse.
Für die Titel in der Presse bin ich nicht zuständig. Meine Botschaft war: Das Parlament hält sich an sein Ehrenwort! Und das ist doch sehr erfreulich.
Tatsächlich erleben wir seit der Revision des Gewässerschutzgesetzes fast ununterbrochen massive Angriffe auf diese gesetzlichen Verbesserungen. Dabei ist zu beachten, dass die Gesetzesrevision seinerzeit ausdrücklich als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative der Fischer zustande kam und die Initianten in der Folge ihre durchaus erfolgversprechende Initiative zurückgezogen haben. Nach ihrem Rückzug am seinerzeitigen Kompromiss zu rütteln, wäre nicht bloss unfair, sondern auch demokratiepolitisch sehr heikel! Glücklicherweise hat sich das Parlament und insbesondere der Ständerat an sein politisches Ehrenwort gehalten und all diese Angriffe bisher deutlich abgelehnt. Das ist erfreulich und spricht für die politische Kultur in unserem Land. Ich will mich dafür einsetzen, dass dies so bleibt und zähle da auf meine Kolleginnen und Kollegen im Parlament.
An der «Fischen Jagen Schiessen» präsentierte der SFV zwei Aktionen: «Fischer machen Schule» und «Fischer schaffen Lebensraum». Wie kommen die Kampagnen an? In der Öffentlichkeit und bei den Fischern?
Die Aktion «Fischer machen Schule» konnte bereits in mehreren Pilotprojekten mit grossem Erfolg getestet werden. Die Rückmeldungen unserer Projektverantwortlichen sind sehr gut. Offenbar gelingt es ihnen, Jugendliche für den Lebensraum unserer Fische zu sensibilisieren und zu begeistern. Die Sache ist zwar sehr aufwändig, aber erfolgversprechend.
Die Aktion «Fischer schaffen Lebensraum» konnten wir mit der Lancierung des entsprechenden Handbuchs anlässlich der «Fischen Jagen Schiessen» sehr erfolgreich starten. Immerhin konnten wir das erste Exemplar unserer höchsten Schweizerin, Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, überreichen. Damit haben die Fischerinnen und Fischer der schweizerischen Öffentlichkeit symbolisch ihr Engagement für die Verbesserung des Lebensraums unserer Fische geschenkt.
Für eine abschliessende Beurteilung der Kampagnenwirkung ist es noch zu früh. Aber erste Spontanreaktionen stimmen mich sehr zuversichtlich.
Eigentlich bin ich mir sicher: Wir sind mit der Aktion auf dem richtigen Weg und die Fischerinnen und Fischer werden vor Ort mit einfachen Massnahmen ein Maximum an Wirkung erzielen.
Im Nationalrat sind immer noch zwei Motionen hängig, die eine Lockerung des Besatzverbots für Regenbogen-forellen fordern. Wie geht es im Parlament weiter?
Zur Zeit ist bloss noch die Motion 15.3571 von Nationalrat Lukas Reimann aus dem Jahr 2015 hängig. Die zweite Motion von Nationalrat Martin Candinas ist abgeschrieben worden, da sie nicht innerhalb von zwei Jahren behandelt werden konnte. Die Motion von Lukas Reimann geht auf seine Eingabe aus dem Jahr 2013 zurück, die seinerzeit ebenfalls mangels Behandlung im Rat abgeschrieben worden war.
Der Bundesrat hat die Motionen jeweils rechtzeitig behandelt und dem Rat zur Ablehnung empfohlen. Nun muss die aktuell hängige Motion Reimann innert der Behandlungsfrist von zwei Jahren im Nationalrat beraten werden. Lehnt der Nationalrat die Motion gemäss Antrag des Bundesrats ab, ist sie endgültig abgelehnt.
Stimmt ihr der Nationalrat hingegen zu, wird sie an die zuständige Kommission des Ständerats zur Vorberatung überwiesen und anschliessend muss der Ständerat darüber befinden.
Lehnt der Ständerat die Motion ab, ist sie endgültig erledigt. Stimmt ihr der Ständerat ebenfalls zu, muss der Bundesrat den Motionsauftrag umsetzen und dem Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung vorlegen.
Wie unterstützt der SFV die Motion von Lukas Reimann?
Ich werde mit Nationalrat Lukas Reimann das persönliche Gespräch suchen und dann mit ihm zusammen schauen, was wir hier tun können.
Der Fischrückgang ist ein grosses Problem hierzulande. Hat der SFV dazu eine Strategie bereit, und wenn ja, welche ist es?
Bei den Gründen, die für den gravierenden Fischrückgang verantwortlich sind, sind leider alle ziemlich ratlos, was die Ursachen hierfür sein könnten. Wir werden in Zukunft vermehrt auch mit dem Verband der Berufsfischer zusammenarbeiten in dieser Frage. Hätte der SFV die Lösung für das Problem – wir hätten sie mit Sicherheit bereits umgesetzt!
Ein weiteres Problem, das sicher auch mindestens teilweise zum Fischrückgang beigetragen hat, sind die fischfressenden Vögel, allen voran Kormoran und Gänsesäger. Welche Strategie verfolgt der SFV in dieser Sache?
Dieses Thema ist ein sehr Wichtiges: Die Zeiten haben sich geändert, und dadurch ist es wesentlich, dass man mit geeigneten Massnahmen dazu Sorge trägt, dass nicht die Fische die Verlierer dieser Veränderungen sind. Fischer, wie übrigens auch die Jäger, sind Naturschützer: Sie sorgen sich darum mit enorm viel persönlichem Engagement, dass das Gleichgewicht in der Natur erhalten bleibt. Bei der Vogelfrage ist dies wegen diverser Verbote unmöglich gemacht worden. Auch in dieser Frage: Hätte der SFV eine Lösung des Problems, hätten wir sie bereits umgesetzt. Aber wir bleiben auf jeden Fall dran und werden, wo immer möglich, uns für die Fische und gegen übertriebene Schutzmassnahmen dieser bei uns nie in diesem Masse heimischen Vögel einsetzen – auf allen Ebenen.
Welche Themen stehen sonst noch zuoberst auf der SFV-Agenda?
Selbstverständlich werden die Projekte «Fischer machen Schule» und «Fischer schaffen Lebensraum» weiterhin hohe Priorität haben.
Daneben werden wir uns in der nächsten Zeit in Sachen Tierschutz an die Kantonalverbände wenden. Tierschutz geniesst bei den Fischerinnen und Fischern einen hohen Stellenwert. Das wollen wir in Zukunft proaktiver kommunizieren und um argumentativ für kommende Diskussionen gewappnet sein. Schliesslich werden wir uns erneut vertieft der Phosphatfrage widmen müssen. Diese Frage taucht im Gespräch mit den Kantonalverbänden und Fischerinnen und Fischern immer wieder auf.
Und selbstverständlich werden wir auch in Zukunft dafür kämpfen, dass der seinerzeitige Kompromiss, welcher zum Rückzug unserer Volksinitiative geführt hat, auch wirklich eingehalten und umgesetzt wird. Da wird uns die Arbeit wohl nicht ausgehen.
Roberto, wir danken Dir für dieses Gespräch.
Interview: Hansjörg Dietiker / Dominique R. Lambert
Quelle: http://www.petri-heil.ch/wir-sind-die-lobby-der-fische/