Grosses Interview: «Ich habe noch keinen Ferienschatz»

Die Solothurner Zeitung stellt allen Ständeratskandidat 33 Fragen – hier die Antworten von Roberto Zanetti…

Was ist der Sommer für Sie? Zeit der Musse oder des Müssens?

Roberto Zanetti: Wenn ich Sommer mit Ferien gleichsetze (was ja leider nicht zutrifft), ist es die Zeit, in der meine Work-Life-Balance durcheinandergerät: wenig Work, viel Life und keine Balance!

Gönnen Sie sich in diesen Wochen bewusste Nachlässigkeit?

Ja, nichts tun, und das möglichst langsam. Und im Übrigen siehe vorherige Antwort.

Was geht trotz etwas lockerer Sitten gar nicht?

Lauwarmes Bier und lauwarmer Weisswein. Und bei aller Lockerheit schaue ich mindestens mit einem Auge auf den Lauf der Dinge um mich herum und in der Welt. Ganz ohne News geht es nicht.

Für die einen ist der Sommer Traumzeit, für die anderen Übergangszeit zwischen Frühling und Herbst. Für Sie?

Ich finde je länger, je mehr jede Jahreszeit und vor allem deren Wechsel toll. So gesehen, ist für mich jede Jahreszeit auch Traumzeit.

Bleiben Sie überzeugt daheim? Oder gehen Sie unverdrossen in den Süden?

Ich bleibe ein bisschen zu Hause, bin ein bisschen in meiner Urheimat im Puschlav und ein bisschen auf Besuch in der wilden Nord-Toskana. Das ist die Gegend, aus der in den 50er- Jahren die ersten Gastarbeiter nach Gerlafingen gekommen sind.

Haben Sie eine Erklärung dafür, weshalb sich die Affenhitze im Ausland besser aushalten lässt als zu Hause?

Ich spüre da keinen Unterschied. Wenn es zu heiss ist, ist es zu heiss. Ob zu Hause oder im Ausland.

Wohin führt Sie der Sommer?

Siehe oben.

Und Ihr Sommersehnsuchtsort?

Ich habe keine Sehnsuchtsorte. Aber ich kenne ein paar wunderschöne Orte hier in unserer Nähe und im Puschlav. Aber die verrate ich nicht.

Und wohin wollten Sie schon immer einmal?

Nach Kuba! Da ich Flugangst habe, muss ich eine entsprechende Schiffsreise auf später verschieben.

Wenn Sie wählen können: Eistee oder Cüpli? Oder etwas ganz anderes?

Zwei kühle Bier. Das erste zum Kühlen, das zweite gegen den Durst.

Und für zwischen die Zähne? Vitello tonnato, T-Bone-Steak oder Couscous-Salat?

Ich stehe auf Wurst-Käse-Salat oder Thonsalat. Und dazu die erwähnten zwei Biere.

Sind Sie der Sonnen- oder der Schattentyp?

Da mich Sonnenschein eher aufputscht und unruhig macht, bevorzuge ich Schattenplätze – die Krebsliga weiss das zu schätzen.

Auch im übertragenen Sinn?

Nein, eigentlich bin ich ein sonniges Gemüt und gehe mit Sonnenschein im Herzen durch das Leben.

Und wie ist es mit dem Wasser? Lieber drinnen oder draussen?

Ich finde es am Wasser extrem beruhigend. Und wenn es gar heiss ist, geht nichts über ein erfrischendes Bad! Also sowohl drinnen wie draussen.

Sind Sie der Pool- oder der Wildwassertyp?

Im Pool graust es mich und vor Wildwasser hüte ich mich! Ich bevorzuge lauschige Seen oder liebliche Flüsse.

«An einem Sommermorgen, da nimm den Wanderstab, es fallen deine Sorgen wie Nebel von dir ab», schrieb Theodor Fontane. Ein gutes Motto?

Seit der Erfindung der unsäglichen Nordic-Walking-Stöcke mutet das Motto ein bisschen antiquiert an. Dass sommerliche Wanderungen der Seele guttun, kann man weniger schwülstig ausdrücken.

Was ist Ihr Sommermotto?

Ich habe keine saisonabhängigen Mottos und auch nicht im Sinn, dies zu ändern.

Apropos Lektüre: Haben Sie Thriller, Sommerschnulze oder ernsthafte Gegenwartsliteratur in der Badetasche?

Seit einiger Zeit lade ich meine Bücher auf den iPad. Da ist eine ziemlich breite Auswahl versammelt. Krimis, Biografien, Sachbücher, Romane, einfach alles, was mich interessiert.

Wenn Sie wählen müssten: «Der Fall Deltschev» von Eric Ambler, «Das kleine Inselhotel» von Sandra Lüpkes oder «Der Stotterer» von Charles Lewinsky?

Ich muss gestehen, dass ich keines der Bücher kenne. Ich nehme die Vorschläge mal als gute Lesetipps eines literaturbeflissenen Journalisten entgegen.

Was lesen Sie gerade?

«Almas Rom» – eine sehr spannende und lehrreiche Puschlaver Familiensaga. Sie beschreibt die Geschichte einer nach Rom ausgewanderten Familie, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts in ihre Heimat zurückgekehrt ist.

Sommer – Zeit des Glücks. Des eigenen? Oder jenes der andern? Die meisten Ehen werden nach den Sommerferien geschieden.

Meine Glücksgefühle hängen nicht von der Jahreszeit ab. Und bei der Frage «glücklich verheiratet» habe ich mich fürs Glücklich-Sein entschieden und bin Junggeselle geblieben.

Umgekehrt: Was braucht es für Sie, damit die Sommerfrische nicht ein Phantom bleibt, das in der schwülen Nacht verdampft?

Hin und wieder eine kühle (nicht eiskalte!) Dusche und/oder einen kühlen, (sauer) gespritzten Weisswein.

Apropos Illusion am Sommernachthimmel: Möchten Sie im Open-Air-Kino «Wolkenbruch» sehen oder doch lieber wieder einmal «Pretty Woman»?

«Wolkenbruch» habe ich erst vor kurzem gesehen. Deshalb eher «Pretty Woman». Da erinnere ich mich noch ganz schwach an die wunderschöne Julia Roberts . . .

Hand aufs Herz: Ist die Vorfreude auf den Sommer nicht regelmässig grösser als die Befriedigung darüber, was er am Ende gebracht hat?

Ich freue mich auf jede kommende Jahreszeit und habe jeweils bewusst keine übertriebenen Erwartungen. So erspare ich mir Enttäuschungen.

Vielen geht es so: Sie kommen anscheinend erfrischt aus den Ferien. Sie wollen so viel wie möglich in den Alltag retten. Und eine Woche später erinnern sie sich kaum daran, wo sie gewesen sind?

Selbstverständlich erinnere ich mich an schöne Orte und Erlebnisse recht lange. Unangenehmes vergesse ich tatsächlich spätestens nach einer Woche. Das ist die Sonnenseite meines sonnigen Gemütes.

Können Sie in den Sommerferien abschalten von der Arbeit? Oder bleibt es beim Vorsatz?

Was ist das, «Arbeit»? Fragen Sie mich nach Mitte August wieder. Ich befürchte, dass es mir dann wieder einfällt.

Beunruhigt Sie die Abwesenheit der Arbeit, des Alltags manchmal?

Mich könnte höchstens die zukünftige Anwesenheit der Arbeit und des Alltags beunruhigen. Aber eigentlich nicht einmal das so richtig.

Und was ist mit der Politik und dem Wahlkampf?

Siehe Antwort zum Thema Arbeit.

Besorgt Sie der Klimawandel in den Ferien mehr als im Alltag?

Der Klimawandel beunruhigt mich unabhängig von den Sommerferien. Wir behandeln das CO2-Gesetz. Das kann man über die Sommerferien nicht einfach ausschalten. Und sonst würden mich die kaum noch sichtbaren Gletscher auf meinen jeweiligen Reisen ins Puschlav mit brutaler Deutlichkeit an das Problem erinnern!

Verschicken Sie noch Postkarten? Oder haben Sie einen Ferienchat?

Der liebe Druckfehlerteufel! Sie meinen wohl Ferienschatz. . . Ich verschicke weder Postkarten noch habe ich (bis jetzt) einen Ferienschatz – aber die Ferien sind ja noch nicht zu Ende.

Frank und frei: Was schreiben Sie Donald Trump auf die Postkarte, die Sie nie abschicken werden?

Dear Donald, ich bin stolz auf meinen Bundespräsidenten! Er spricht nämlich deutlich besser Englisch als Du Deutsch!

An welches Sommerferienerlebnis erinnern Sie sich besonders gern?

Immer an das letzte schöne Erlebnis. Aktuell an eine Traumwanderung von der Alp Grüm über die Alpe Palü nach Cavaglia. Köstliche Trippa und wunderbarer Veltliner – nicht zu knapp.

Und an welches mit Schaudern?

Da ich wie erwähnt, ein sonniges Gemüt bin, vergesse ich schauderhafte Erlebnisse sehr schnell.

Quelle: Solothurner Zeitung online

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